Solarmodule werden auf einem Dach befestigt
2023 war ein Rekordjahr für PV in Österreich. Wie es aussieht, wird man heuer nicht daran anknüpfen können.
IMAGO/Jochen Tack

Photovoltaik (PV) hat im Vorjahr in Österreich einen nie gesehenen Aufschwung erlebt. Getriggert durch Unsicherheiten im Gefolge des russischen Überfalls auf die Ukraine und extrem hohe Strompreise haben sich immer mehr Privathaushalte Solarmodule zur Umwandlung von Sonnenlicht in elektrische Energie auf ihre Dächer setzen lassen. Nun droht die seit 2022 steil nach oben weisende Trendkurve abzuflachen. Die Interessenvertretung PV Austria hat die wichtigsten Bremsklötze identifiziert.

Ganz oben auf der Liste steht das Problem fehlender Kapazitäten bei Stromleitungen in Städten und Gemeinden. Weil die Verteilnetze in weiten Teilen Österreichs noch immer nicht auf die zunehmend dezentral erfolgende Stromproduktion mittels PV, aber auch Windkraft oder Biomasse angepasst wurden, stehen Netzgesellschaften beim Anschluss neuer Anlagen häufig auf der Bremse. Es fehlen schlicht die Kapazitäten, wodurch bei Einspeisung von Strom zu gewissen Zeiten eine Überlastung der Netze mit der Gefahr eines Blackouts drohen würde.

Infrastrukturplan für Verteilnetze

Laut Herbert Paierl und Vera Immitzer, ihres Zeichens Präsident bzw. Geschäftsführerin von PV Austria, ein unhaltbarer Zustand. Beide fordern in Anlehnung an den vor kurzem von Energieministerin Leonore Gewessler (Grüne) vorgestellten Österreichischen Netzinfrastrukturplan (ÖNIP), der das Hochspannungsnetz adressiert, einen Infrastrukturplan auch für die Verteilnetze. Der ÖNIP sei ein wichtiger Schritt, um die Stromversorgung in Österreich im Jahr 2030 zumindest bilanziell, also über Jahr betrachtet, zu 100 Prozent aus erneuerbaren Energien stemmen zu können.

Nun müssten rasch die gesetzlichen Grundlagen in Form des Elektrizitätswirtschaftsgesetzes (ElWG) geliefert werden. Sollte dieses von einer Zweidrittelmehrheit im Nationalrat abzusegnende wichtige Gesetz für die Branche nicht spätestens Anfang Juli beschlossen werden, passiere wohl längere Zeit nichts mehr, befürchten Paierl und Immitzer. Bis eine neue Regierung gefunden, neue Minister eingearbeitet, die Vorlage evaluiert und der Gesetzwerdungsprozess neu gestartet werde, vergingen wohl oder übel drei bis vier Jahre.

Sonderrolle für PV

Das ElWG sei auch insofern wichtig, als darin erstmals auch eine Auskunftspflicht für Netzbetreiber vorgesehen ist, wo wie viel Kapazitäten bei den Stromleitungen vorhanden sind und wie sich diese auf einer Österreichkarte in den kommenden Jahren entwickeln sollen. Derzeit gebe es diese Informationen schlicht nicht, sodass PV-Betreiber auch nicht wüssten, in welcher Region sie prioritär Projekte vorantreiben sollten.

Beim forcierten Ausbau der erneuerbaren Energien kommt der Photovoltaik jedenfalls eine Sonderrolle zu; auf sie soll die Hauptlast des Zubaus entfallen. Das geht aus dem Netzinfrastrukturplan hervor, in dem das bisherige Ziel für PV bis 2030 von 13 auf insgesamt 21 Terawattstunden (TWh) erhöht wurde. Zum Vergleich: Derzeit werden österreichweit rund sieben TWh Strom mit der Kraft der Sonne produziert. Die Aufstockung von sieben auf 21 TWh bedeute aber auch, dass ab sofort im Schnitt mindestens zwei TWh pro Jahr an PV-Stromerzeugung dazugebaut werden müssten. "Ob wir das heuer erreichen, ist mehr als fraglich", sagt Paierl.

Mehrwertsteuer gestrichen

Dabei seien die Voraussetzungen gut. Erst mit Anfang des Jahres ist die Mehrwertsteuer bei Anlagen bis 35 kWp (Kilowatt Peak) auf null reduziert worden – Arbeitsleistung inklusive. Das sei "ein doppelter Vorteil" für Haushalte und Investoren, die eine PV-Anlage errichten wollen, zumal keine Förderanträge gestellt und auch auf keine Fördercalls gewartet werden müsse. PV-Austria-Geschäftsführerin Immitzer geht davon aus, dass die Errichter den Mehrwertsteuervorteil auch zur Gänze weitergeben.

Derzeit bewegten sich die Kosten für die Installierung von PV bei einem durchschnittlichen Einfamilienhaus zwischen 1.200 und 1.300 Euro je kWp, sagte Immitzer. Bei acht kWp, die einer durchschnittlichen Anlagengröße entsprechen, sind es folglich 9.600 bis 10.400 Euro – all-inclusive.

Zurückhaltung bei Zonierung

Neben fehlenden Leitungen seien auch zu wenig ausgewiesene Flächen ein Hemmschuh zur Erreichung der Ausbauziele. Zwar könnten 50 Prozent des Zubaus durch Dachinstallationen bewerkstelligt werden, den Rest aber könnten realistischerweise nur Freiflächenanlagen beisteuern, sagt Immitzer. Gerade da spieße es sich aber. Erst vier Bundesländern (Steiermark, Niederösterreich, Burgenland und Salzburg) haben sich bisher dazu durchringen können, Flächen für PV auszuweisen bzw. transparent verfügbar zu machen. Viele dieser Flächen seien aber unbrauchbar oder müssten erst entsprechend gewidmet werden.

Bis auf weiteres dürfte das Jahr 2023 ein Ausreißer bleiben, befürchten Immitzer und Paierl. Finale Zahlen liegen zwar noch nicht vor, Schätzungen gehen aber von 2.700 bis 3.000 Megawatt Peak (MWp) Zubau aus, gegenüber 1.009 im Jahr 2022 und 740 MWp 2021. (Günther Strobl, 17.4.2024)