Wien – Die Causa rund um den ehemaligen Verfassungsschützer Egisto Ott, der für Russland spioniert haben soll, war am Mittwoch auch im Nationalrat Thema. Die ÖVP hatte eine Aktuelle Stunde beantragt, debattierte wurde zum Thema Verfassungsschutz – und das ziemlich harsch. Vor allem ÖVP und FPÖ lieferten sich raue Wortgefechte. Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP) musste mehrmals eingreifen und um Ruhe im Plenarsaal bitten.

Video: Stocker zu Kickl: „Sie haben als Innenminister versagt“
APA

Es dauerte nicht lange, bis das erste Taferl auf dem Rednerpult platziert wurde. ÖVP-Generalsekretär Christian Stocker warf der FPÖ unter Obmann Herbert Kickl Russland-Nähe vor und wollte dies mit einer Grafik belegen. Denn der Grund für die Spionageaffäre sind laut Stocker nicht nur "Kontakte der FPÖ zu Russland", sondern auch maßgeblich die "Zerstörung des Staatsschutzes" in der Amtszeit des Innenministers Kickl in den Jahren 2018 und 2019.

Christian Stocker (ÖVP) warf der FPÖ "Russland-Nähe" vor.
APA/HELMUT FOHRINGER

Kickl soll laut Lopatka nach Russland ziehen

"Die FPÖ ist in Wahrheit der Russland-Trojaner in Österreich", betonte Stocker. Kickl wolle Volkskanzler sein, habe aber Kontakt zu den Volksverrätern, fügte Stocker hinzu. Auch der ÖVP-Spitzenkandidat für die EU-Wahl, Reinhold Lopatka, warf Kickl vor, sich "Österreich ab- und Russland zugewandt" zu haben. Er fände es "am besten für Österreich", wenn Kickl nach Russland ziehen und damit der ehemaligen Außenministerin Karin Kneissl nachfolgen würde.

Kickl wies die Vorwürfe scharf zurück und gab wiederum der Volkspartei die Schuld an der aktuellen Affäre. Das Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorbekämpfung (BVT) sei vor seiner Amtszeit als Innenminister eine "verwahrloste Einrichtung, geprägt von unglaublichen Schlampereien", gewesen. Schuld an dem Zustand waren laut Kickl die ÖVP-Innenminister. "Den Abfluss an Informationen hat es lange vor meiner Zeit gegeben", sagte Kickl.

Der Nationalrat beginnt am Mittwoch mit einer Aktuellen Stunde zum Thema Staatsschutz.
APA/TOBIAS STEINMAURER

Die Reform des Staatsschutzes – aktuell ist damit die Direktion Staatsschutz und Nachrichtendienst (DSN) beauftragt – sei nicht von der ÖVP, sondern von den Freiheitlichen eingeleitet worden. FPÖ-Außenpolitiksprecher Hannes Amesbauer warf der ÖVP zudem vor, beim Terroranschlag im Jahr 2020 in Wien nicht richtig gehandelt und Hinweise aus dem Ausland ignoriert zu haben.

FPÖ-Klubobmann Herbert Kickl untermalte seine Argumentation mit Bildern.
APA/HELMUT FOHRINGER

SPÖ will "lückenlose Aufklärung"

Im Vorfeld hatte SPÖ-Klubobmann Philipp Kucher eine "lückenlose Aufklärung" der Affäre Ott gefordert und sich dazu eine unabhängige Kommission gewünscht. Man müsse bereits heute mit der Aufklärung beginnen und könne nicht auf einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss warten, betonte Kucher im Ö1-"Morgenjournal". "Wir müssen dafür sorgen, dass so etwas nie mehr vorkommt", fügte der SPÖ-Politiker hinzu. Er sei aktuell im Gespräch mit anderen Parteien, um eine Kommission in die Wege zu leiten.

Anlässlich der Causa Ott sind auch neue Überwachungsmöglichkeiten für die DSN im Gespräch, unter anderem die Überwachung von Whatsapp-Nachrichten. Solche Maßnahmen lehnt Kucher aber ab: "Seitens der SPÖ wird es keine Zustimmung für eine Massenüberwachung oder für den Bundestrojaner geben." Omar Haijawi-Pirchner, Leiter der DSN, pochte am Dienstag im ORF-"Report" auf zusätzliche Möglichkeiten zur Kommunikationsüberwachung. Laut Pirchner braucht die DSN mehr "Werkzeuge", sonst sei man zu sehr auf ausländische Partnerdienste angewiesen.

"Maximaler Schaden angerichtet"

Der ÖVP-Kritik an Kickl schloss sich auch die grüne Klubobfrau Sigrid Maurer an. Kickl habe in seiner Amtszeit im BVT "maximalen Schaden angerichtet". "Wir müssen dafür sorgen, dass Sie (Kickl, Anm.) nie wieder in eine solche Position kommen", betonte Maurer.

Der FPÖ hielt sie einmal mehr enge Verbindungen nach Russland vor und verwies auf den Freundschaftsvertrag mit Putins Partei Einiges Russland. Dieser sei entgegen der Aussagen der FPÖ "nach wie vor aufrecht". "Ja, wo ist denn die Kündigung?", fragte Maurer in Richtung FPÖ und warf ihr Unglaubwürdigkeit in dieser Frage vor.

Die Neos kritisierten nicht nur die FPÖ, sondern auch die Volkspartei. Neos-Abgeordnete Stefanie Krisper wies daraufhin, dass bis auf die Amtszeit von Kickl seit dem Jahr 2000 ÖVP-Innenminister im Amt waren – schon in dieser Zeit hätten sich laut Krisper Spionagenetzwerke bilden können.

Nationalrat beschließt Möglichkeit von Tempo 30

Neben der Aktuellen Stunde stehen auch einige Anträge auf dem Programm der Plenarsitzung. Der Nationalrat ermöglicht den Ländern unter anderem die Einführung einer effektiven Leerstandsabgabe. Die Gemeinden erhalten wiederum die Möglichkeit zu Tempobeschränkungen in sensiblen Bereichen, etwa vor Schulen.

Wieder aufgelegt wird der Handwerkerbonus, über den Renovierungen und Sanierungen mitfinanziert werden. Mit der neuen Lehrerausbildung werden Pädagogen der Sekundarstufe ein Jahr weniger an den Unis sein. Neu an den Universitäten wird auch die Psychotherapie-Ausbildung sein, die am Mittwoch ebenfalls beschlossen wird. (Max Stepan, 17.4.2024)